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Premiere im Detail

Fernsehbilder

Fernsehbilder sind im Prinzip Hell-Dunkel Tastungen eines Rasterstrahls mit Austastlücken, die gleichzeitig der Synchronisation dienen.

Der Kontrast ist die Amplitude um den Mittelwert des dekodierten Signals. Die Helligkeit der Mittelwert selbst. Farben werden durch Übermodulation des Rechteck-Signals erzeugt und müssen phasengleich dekodiert werden. Um den Divergenzen eines Schwingers zu begegnen werden die Phasen in der Austastlücke, also im Tiefschwarzblock leicht aufmoduliert (zum Abgleich).

Wenn man jede Zeile nun in gleicher Weise farblich kodiert, wird ein stets in eine Richtung weglaufender Schwingkreis die Farben immer weiter verfälschen, bis zur nächsten Zeilensynchronisation. Das Ergebnis lautet dann: NTSC - Never The Same Color.

Um diesen Effekt zu beseitigen hat man bei PAL - Phase Alternating Line - die Phasen jeder Zeile in die andere Richtung koderiert. Der Dekoder läuft also bei jeder Zeile in die andere Richtung davon und schwankt so um den korrekten Farbton. Da zwei aufeinanderfolgende Zeilen auf dem Schirm leicht vermischen, ist PAL farbstabil.

Premiere

Premiere sendet je 32 Zeilen in einem vertauschten Muster. Der Dekoder interpretiert das Bild gar nicht, sondern speichert nur diese 32 Zeilen zwischen und gibt sie nach einem durch die Markierung am Bildbeginn (nach der Vertikalaustastlücke) festgelegten Code wieder aus. Ich glaube, daß es ein Lineares Feedback Schieberegister ist, daß mit dem Startwert gefüttert wird.

Da die Zeilen aus dem Dekoder in der richtigen Reihenfolge (und damit aufeinanderfolgende Zeilen aufeinanderfolgend) sind, kann der Fernseher damit umgehen. Diese Technik ist genial einfach.

Versucht ein Fernseher die Zeilen zu dekodieren, so wird die Farbinformation nicht zu rekonstruieren sein, da die Phasenrichtung unbekannt ist. Deswegen sind Premiere Bilder auch undekodiert schwarz/weiß.

Knacken

Die übliche Premiere-Knacksoft geht nun davon aus, daß aufeinanderfolgende Zeilen ähnlichere Bilder anzeigen als weiter entfernte. Über eine Minimierung des Korrelationskoeffizienten (Fehlerrechnungslehrbuch) ist es kein Problem, daß zu ordnen. Sind zuviele Zeilen ähnlich, scheitert das Verfahren zwangsläufig, so daß die Dekodierung der nackten Haut oder von Rasenflächen nur unzureichend gelingt. Deswegen ist der Frust unter den Möchtegernglotzern auch so groß und Premiere nicht pleite.

Eine besondere Software nutzt Insiderwissen dahingehend aus, daß sie die Tabelle der möglichen Vertauschungen auflistet und nur dort das Optimum des Korrelationskoeffizienten sucht. Diese Tabelle kann man mit Geduld im Langzeitversuch aber auch selbst gewinnen.

Farbprobleme

Versucht man Farben darzustellen, so weiß man nicht, wie die Phasenlage der aktuellen Zeile ist, da man vor der Sortierung die Zeilennummer nicht kennt. Die Farbdekodierung ist derartig aufwendig, daß sie praktisch nur in Hardware möglich ist. TV-Karten liefern schon die dekodierte Zeile, d.h. ein Abbild und nicht die komplett analog genügend fein gesamplete Datenmenge, die eine nachträgliche Rekonstruktion gestatten würde.

Einige TV-Karten sind aber in der Lage, auch unsinnige Farbinformationen zu dekodieren und nicht auf schwarz/weiß zurückzuschalten. So kann man nach der Sortierung der Zeilen die Farbinformationen zuordnen, von der die Hälfte falsch dekodiert wurde. Rein rechentechnisch ist es aber möglich, die Farbinformation im Farbraum zu spiegeln und so das korrekte Signal nachzubilden.

Kosten

Die für eine komplette Echtzeitdekodierung notwendige Hardware liegt kostenmäßig weit über der eines Dekadenabos von Premiere. Deswegen kann man diese Experimente nur als Spiel und Lernprozeß verstehen. Eine korrekte Lösung ist, die Vertauschung der Zeilen komplett in Hardware nachzubilden und so die Premiere Karte nachzubauen.

Hardware

Dazu ist es zuerst einmal notwendig, den IMHO LFSR zu bestimmen. Dies ist bisher nicht erfolgt. Dann ist es notwendig den Initialwert am Anfang jedes Bildes einen Initialwert des LFSRs zuzuordnen. Auch dies ist bisher nicht geschehen. Da die Tabellen vorliegen und eine Theorie zum Brechen in der Bibliographie des Schneier zu finden ist, besteht Hoffnung. Es kann jedoch sehr gut sein, daß die verfügbaren Werte nicht ausreichen, um den LFSR zu bestimmen. In dem Fall ist Kartenprobing angesagt, d.h. es ist auszuprobieren, was die Karte bei anderen Initialwerten liefert.

Aussichten

Da die fähigen Leute jedoch nicht mehr in Deutschland sind, sei es durch Auswanderung oder plötzlichen Ablebens, ist eine Lösung nicht sehr wahrscheinlich. Der hoffnungsvolle Nachwuchs befaßt sich lieber mit pöbeln, sinnlosen Crashen mittels fertiger Exploitsoftware und dummen Glotzen mittels gekaufter (nicht mal selbstgebauter) Soft-/Hardware. Solange dieser Trend zur Senkung des Intellienzquotienten anhält, ist auch Nachwuchs nicht sehr wahrscheinlich.

[Text wie GPL. Abdruck freigestellt, so Original komplett und kostenfrei zugänglich gehalten wird].

Lutz Donnerhacke, lutz@iks-jena.de

 

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